Geschichtliches

Allgemeines zur Fasnacht

Im Spätmittelalter bildete sich in den Städten und Marktflecken ein starkes Standesbewusstsein heraus, zwischen den einfachen Ständen, den Kleinbürgern, den einzelnen Zünften und da wieder zwischen Meistern, Gesellen und Lehrlingen und vor allem zwischen den Bauern und Kleinhäuslern, der Dorfarmut. In dieser sozialen Differenzierung fanden Fasnachtsspiele und Fasnachtsumzüge ihren Nährboden. Dabei konnten die Veranstalter sich durchaus an Vorbildern orientieren, an Spielen und Mummereien der höfischen Welt, und gern bediente man sich der Gestalten aus der Mythologie.

Das "Sich-Verkleiden" und Maskieren nahm immer mehr zu, samt den Missbräuchen und frechen Belästigungen, so dass gerade im 15. Jahrhundert Verbote gegen das Maskentragen immer häufiger wurden. Dabei wird deutlich, wie sich die Leute gern maskieren, als Teufel, später auch als Narren, bei den Städtern besonders aber als Bauer. Die diesbezüglichen Requisiten waren leicht zu beschaffen. Tiermasken, Bären, Wölfe, Schweine, Ochsen und dergleichen sind in den Geschichtsbüchern häufig genannt.

Der Egetmann-Umzug, wie er früher an gar manchen Orten des Etschtales in Nals, Neumarkt, Altrei, Salurn und Kurtinig heimisch war und heute noch in Tramin hoch in Ehren gehalten wird, gehört in die Reihe der Bräuche um das Bloch- und Pflugziehen.

Nach Hans Moser stammen die bisher ältesten Belege für solche Bräuche aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und durchwegs aus Städten. Sigismund der Münzreiche, der lebensfrohe Tiroler Landesherr, hat den Frauen, die am Aschermittwoch des Jahres 1460 in Innsbruck den Pflug gezogen haben, zwei Gulden spendiert. Auch da werden wieder Verbote bekannt gegen das Nötigen und unzüchtige Verspotten der Frauen. In Meran gingen zur Fasnacht die Bindergesellen mit der Pflugschar. Pflügen, Eggen auf gefrorenem Boden und Säen von Sägemehl gehören auch zur "verkehrten Welt", vor allem Ständeverspottung ist bei diesen Umzügen sehr naheliegend.

Bei all diesen Umzügen ist Altes und Neues unentwirrbar vermischt. Je mehr sich die einzelnen auftretenden Figuren einer Deutung entziehen, desto stärker ist die Versuchung, alles vor einem kosmisch-magischen Hintergrund sehen und in ältere Zeiten zurückverlegen zu wollen.

Eine frühe und auch recht genaue Beschreibung des Umzuges brachte Ignaz Mader. Er übernahm sie samt dem dazugehörigen "Protokoll" von einem Traminer Gewährsmann, Josef Romani, der sich wiederum auf die Aufzeichnungen eines noch älteren Gewährsmannes, Josef Santin, berufen konnte. Die Beschreibung und das "Protokoll" werden hier auszugsweise wiedergegeben. Beim "Protokoll" fehlen die Zwischenrufe der Ratsherren, die nach jedem Absatz ein "Ho, ho!" erschallen lassen. Dieser Text bleibt, von ganz geringfügiger Abweichung gesehen, ja immer gleich, was auch vom Brauchtumsablauf selbst gesagt werden kann.

Eines der ältesten Fotos des Traminer Egetmann-Umzugs

Hier sehen wir eines der ältesten Fotos des Traminer Egetmann-Umzugs. Es entstand um 1907.

Interessant ist, dass dies das einzige Foto ist, auf dem die Umzugsteilnehmer Holzmasken, sogenannte Larven, tragen. Für Tramin eine Seltenheit.

Das belegt jedoch, dass auch in Tramin früher beim Egetmann-Umzug Holzmasken getragen wurden, die heute ganz in Vergessenheit geraten sind.

Die Hochzeitskutsche (1936)

Mann im Korb (1936)

Die Hochzeitskutsche (1937)


Zur Herkunft des Namens "Egetmann"

Zur Herkunft des Namens "Egetmann". Was die Herkunft des Namens "Egetmann" betrifft, so war man bisher stets davon ausgegangen, dass es von "Egarten" abzuleiten sei, was in der Dreifelderwirtschaft den Acker bezeichnete, der zum Anbau der Saat im Frühjahr hergerichtet wurde. Diese Ansicht scheint jedoch nicht weiter haltbar. Josef Schatz, der bekannte Tiroler Mundartforscher, weist ausdrücklich darauf hin, dass die von "Egarten" abgeleitete Bezeichnung "egertmann", "egerthansl" (die Fasnachtsfigur an der Etsch) irrig ist für den "egetmann" = Mann mit der Egge. Auch Hans Grießmair weist ohne Haarspalterei und Spitzfindigkeit nach, dass sich das Wort "Egetmann" nicht von der Egartenwirtschaft herleitet, sondern vielmehr durchaus naheliegender von der Egge, da es sich ja beim Traminer Umzug in der Tat um ein Pflug- bzw. Eggenumzug handelt, wie er bereits seit dem 15. und 16. Jahrhundert als Fasnachtsbrauch (Pflugziehen, ein sogenannter Rügebrauch) üblich war.

Für diese Interpretation spricht auch der Name des Umzugs. "Eget", zu althochdeutsch "Egida", ist die Egge. Der heutige Egetmann-Umzug zeigt keine vegetationskultischen Züge. Auch die Interpretation des Pflugziehens als fruchtbarkeitskultisches Aufreißen der Ackererde ist nicht richtig und entbehrt jeder volkskundlichen und historischen Grundlage. Der Brauch ist, wie alle anderen Fasnachten, als lustiges Treiben der Dorfbewohner für die Dorfbewohner, als eine Art Volksschauspiel zu sehen.

Der Egetmann-Umzug hat sich aus einem Pflugziehen entwickelt. Dabei wurde ein Pflug spaßeshalber und mit viel Radau durch den Ort gezogen. Der Pflug und die Egge werden noch heute mitgeführt.

Die Altweibermühle (1938)

Die Bauernschaft (1938)

Die Fassbinder (1938)

Ursprung und Hintergründe

Bezüglich der Ursprünge und geschichtlichen Hintergründe des Egetmann-Umzuges liegen so gut wie keine gesicherten Erkenntnisse vor, so dass man sich bei seiner Deutung lediglich mit Vermutungen und Spekulationen begnügen muss. Hierbei ist die Versuchung natürlich groß, alles vor einem kosmisch-magischen Hintergrund zu sehen und in ältere Zeiten zurückverlegen zu wollen, je mehr sich die einzelnen auftretenden Figuren einer Deutung entziehen. Die meisten bisherigen Schilderungen und Beschreibungen des Egetmann-Umzuges bewegen sich demnach auch bei der Deutung beinahe ausnahmslos auf der Fährte einer stark mystischen und vorzeitlichen Interpretation, indem sie den Egetmann und auch die anderen Figuren des Umzuges als Fruchtbarkeitsriten und Huldigungen an vorchristliche Gottheiten auszulegen versuchen.

Diese Interpretation scheint allerdings durch ihre etwas einseitige und stark in eine Richtung gehende Fixierung dem äußerst vielseitigen, vielschichtigen und komplexen Phänomen einer solchen Brauchtumsveranstaltung nicht ganz gerecht zu werden. Wie bereits eingangs gesagt, scheint die Zurückführung der Fasnacht und somit auch des Egetmann-Umzuges auf germanische Fruchtbarkeitskulte oder römische Saturnalien heute zweifelhaft und nicht länger haltbar. Man kann wohl davon ausgehen, dass es sich bei diesem Umzug, wie mehr oder weniger bei den meisten Tiroler Fasnachtsbräuchen dieser Art, ganz einfach um die Symbolisierung des Kampfes zwischen Licht und Finsternis, zwischen Gut und Böse, zwischen Frühling und Winter handelt, um Frühlingsbräuche und Fruchtbarkeitsriten, um die Darstellung einer verkehrten Welt, alles durchsetzt mit Einflüssen von Fasnachtsbräuchen aus dem hohen Mittelalter und neuzeitlichen Zutaten, ohne dabei unbedingt gleich auf vorchristliche Wurzeln und vorzeitliche Hintergründe verweisen zu müssen.

Die Goldene Hochzeit (1938)

Die Hochzeitskutsche (1938)

Die Jaggalamusig (1938)

Geschichtliche Daten

Das ausgelassene Treiben des Egetmann-Umzuges hat seine heidnischen Wurzeln in den Ritualen zur Vertreibung des Winters, die den Zweck hatten, den "sol invictus", die unbesiegbare Sonne dazu zu bewegen, den Tag wieder länger werden zu lassen und somit dem Frühling den Weg zu ebnen. Über geschichtliche Daten des Egetmanns ist wenig bekannt. Wir erfahren, dass diese Art von Brauchtum unterschiedlich lang in verschiedenen Ortschaften des Südtiroler Unterlandes in mehr oder weniger abgewandelter Form heimisch war. Es liegen jedoch keine ausführlichen und genauen Beschreibungen vor. Man vermutet, dass dieser Brauch in vorchristliche Zeit zurückreicht und eine Huldigung an fruchtbarkeitsfördernde Gottheiten sei.

Die älteste Beschreibung des Umzuges und die Aufzeichnung des Protokolls in seiner neuen Form mit feststehenden Versen stammt von den Gebrüdern Santin aus dem Jahr 1876.

Entstehung und Entwicklung dieses Brauches sind nur ansatzweise erforscht. Vergleichbare Umzüge waren bis 1872 im benachbarten Nals, bis 1890 in Salurn und bis 1930 in Altrei gebräuchlich. In Kurtinig wurde der Brauch unter der Bezeichnung "Ruepl" bis 1870 gepflegt.

Ignaz V. Zingerle belegt den Brauch im Jahre 1871 für Tramin und Neumarkt und beschreibt ihn folgendermaßen:
„Am unsinnigen Pfinztag oder am Faschingsdienstag wird der Egerthansel aufgeführt. Die Burschen verfertigen aus Stroh und alten, lumpigen Kleidern einen großen Mann, der Egerthansel genannt wird, und tragen ihn auf einer eigens dazu bereiteten Tragbahre herum. Auf Plätzen und bei verschiedenen Häusern halten sie an und fragen den Strohmann um Neuigkeiten. Im Namen der Puppe antwortet ein Bursche und macht alle anstößigen Tagesgeschichten kund. Schließlich wird der Egerthansel einer alten, aber dennoch heiratslustigen Jungfrau als Bräutigam beschert und ob der Hausthüre ihrer Wohnung unter lautem Gelächter aufgehängt. Dann ziehen die Burschen ins Wirtshaus zu Musik und Tanz und thun sich einen frohen Tag auf.“

Die Ritter (1938)

Die Altweibermühle (1938)

Die Zenzi (1938)

Der älteste Beleg für den Egetmann-Umzug

...geht auf das Jahr 1591 (es war der 30. März 1591) zurück.

Diese Aufzeichnung aus einem Gerichtsbuch des Jahres 1591 (es war der 30. März 1591) ist somit das erste gesicherte Datum für das bereits vor vierhundert Jahren als alter Brauch bezeichnete Pflugziehen zur Fasnacht, auf das ja der Egetmann-Umzug, wie oben gesehen, zurückgeht.

Außer in Tramin gibt es im Alpenraum nicht mehr so viele Dörfer, wo sich so alte Traditionen über Jahrhunderte haben halten können. Der Kirche waren derartige Feste nicht ganz geheuer und auch die weltliche Macht war nicht immer so duldsam wie heute. Zur Zeit der Kaiserin Maria Theresia und Josefs des Zweiten von Habsburg wurden sogar Prozessionen als Zeitverschwendung für Drückeberger verboten und die Passionsspiele und Osterspiele als heidnische Umtriebe geahndet. Kein Wunder, dass in anderen Dörfern die Menschen das Handtuch geworfen haben. Bei den Traminern hat alles nicht genützt, die blieben und bleiben bei ihrer Tradition. So leben Mythos, Volkserzählung, braver Alltag und heidnischer Exzess in einem farbenfrohen, feuchtfröhlichen und lauten Durcheinander geordnet zusammen.

Wie man feststellt, tragen die Traminer Maschgra, sieht man vom "Wilden Mann" mit seinem Hasenfell ab, keine Gesichtsmasken oder Larven. Traditionsgemäß kommt nur Ruß oder Schminke zum Einsatz.

Die Darstellung der Figuren beim Egetmann-Umzug entspringt übrigens sowohl der Tradition als auch der Phantasie, Erfindungsgabe und den an den Zeitgeist angepassten Bedürfnissen der Traminer. Die Traminer machen den Umzug eigentlich für sich selber, wie sie ihn immer schon für sich gemacht haben, dabei sind sie froh, wenn auch Auswärtige am ausgelassenen Spektakel ihre Freude haben.

Der Egetmann-Umzug von 1941

Der "Hansl" zwischen deutschem Nationalsozialismus und italienischem Faschismus: Nach langwierigen Verhandlungen mit italienischen und deutschen Behörden konnte der früher verbotenen Umzug der Tradition entsprechend am "Leschtn" (Letzter Fasnachtstag, Faschingsdienstag), dem 25. Februar 1941, wieder durchgeführt werden. Der zuständige Quästor von Trient hatte ursprünglich einen Termin außerhalb des Faschings gefordert. Ostermontag wurde in Betracht gezogen. Es ging nämlich nicht um das Brauchtum selbst, sondern um die Möglichkeit, es in einem Film des "SS-Ahnenerbes" zu dokumentieren, bevor die Bevölkerung infolge der Option die angestammte Heimat verlassen sollte. Unter Anleitung des Volkskundlers Dr. Richard Wolfram entstanden so tatsächlich zwei Filme. Wahrscheinlich von ihm selbst sind die hier reproduzierten und dargestellten Dias, und auch Arnold Walch fotografierte fleißig.

Bauernschaft am Dorfplatz (1941)

Wie das abgebildete Bild zeigt, spielt sich der "alte germanische Frühlingsbrauch" direkt vor der Kulisse faschistischer Sprüche ab. Das teilweise zum "Dopolavoro" umfunktionierte "Doktorhaus" am Rathausplatz verkündet neben dem bekannten antidemokratischen Motto "credere - obbedire - combattere" noch protzig: "Roma fu è e sarà sempre maestra nel mondo".

Hochzeitskutsche (1941)

Zwar nicht die Hauptfigur, der "Egetmann Hansl" selbst, aber seine Braut ist auf diesem Bild gut getroffen. Anstatt eines weißen Brautkleides scheint sie allerdings ein Nachthemd mit rüschenbesetzter Haube zu tragen.

Schnappvieh mit Hirschgeweih (1941)

Während die übrigen "Schnappviecher" angeblich Bockshörner trugen, fiel Wolfram 1941 dieses einzige auf, das ein Hirschgeweih zierte. Gebiss und "Rumpf" weisen im Vergleich zu heute allerdings noch auf einen frühen Stand der Evolution hin.

Altweibermühle (1941)

Der "Altweibermühle", die seit ihrer Aufnahme in den Umzug bestimmt immer einer der spektakulärsten und publikumswirksamsten Wagen war, wandte man 1941 offenbar besonderen Fleiß zu. Ihre Funktion erklären Aufschriften an der Vorderseite: "An Moment, an Sprung, / der alte Drache ist wieder jung" und "Willst eini, ist recht, / und sunst decht". Rechts im Hintergrund ist der St.-Johannes-von-Nepomuk-Bildstock am Höllentalbach (in Tramin) zu erkennen.


Hier einige Fotos aus vergangenen Tagen bzw. Umzügen:

1936 - Bauernwirtschaft1936 - Hochzeitskutsche 1936_11936 - Mann im Korb1938 - Altweibermuehle am 01.03.19381938 - Bauernwirtschaft am 01.03.19381938 - Fassbinder am 01.03.199381938 - Goldene Hochzeit_11938 - Hochzeitskutsche am 28.02.1938_11938 - Jagalamusig1938 - Ritter am 01.03.19381938 - Treiben am 01.03.19381938 - Weibermuehle am 01.03.19381938 - Weibermuehle1938 - Zenzikiste am 01.03.19381941  - Hochzeitskutsche1941 - Altweibermuehle 3_11941 - Am Dorfplatz1941 - Am Rathaus1941 - Aufmarsch der Ratsherren 19411941 - Ausschnoeller1941 - Das Schiff1941 - Die Altweibermuehle 21941 - Die Altweibermuehle1941 - Die Bauernstube1941 - Die Zenzi1941 - Fassbinder_11941 - Flack1941 - Hochzeitskutsche 19411941 - Leasler1941 - Panzer 1941_11941 - Panzer 2 - 1941_11941 - Schiff1941 - Schnappvieh mit Hirschgeweih1941 - Schnappvieher_11941 - Waschweiber (vertikal)1941 - Weinverkoster1941 - Zenzi1952 - Athenia (vertikal)1952 - Bauernwirtschaft1952 - Ratsherren (vertikal)1952 - Weibele (vertikal)1952 - Weibermuehle1956 - Arme Zigeuner1956 - Fassbinder1956 - Jagalamusig1956 - Negerlen1956 - Ratsherren1956 - Schnappviehwagen1956 - Sieben magere Jahre1965 - Altweibermuehle (03.03.1965)1965 - Auschnoeller1965 - Burgelen + Treiber1965 - Clowns (03.03.1965)1965 - Clowns 2 (03.03.1965)1965 - Kutsche (vertikal)1965 - Muehler1965 - Ratsherren 21965 - Ratsherren 31965 - Ratsherren 4 (03.03.1965)1965 - Ratsherren1965 - Verkuenden1965 - Weibermuehle1965 - Zenzi (03.03.1965)1967 - Alte Weibelen